Steuern auf den Punkt 04 2022 Titelbild

In der Kolumne Steuern auf den Punkt informiert die concepta Steuerberatungsgesellschaft mbH über das Jahressteuergesetzt 2022.

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 vereinfacht der Gesetzgeber die steuerliche Behandlung privater Photovoltaikanlagen und häuslicher Arbeitszimmer. Vermeintliche Verbesserungen bei der Immobilienbesteuerung sind mit Vorsicht zu genießen. Es drohen Steuermehrbelastungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer.

Steuervereinfachung für Photovoltaikanlagen

Privathaushalte gelten als Gewerbetreibende, wenn sie Strom in das Netz einspeisen. Da die Tätigkeit nur gewerbe- nicht aber einkommensteuerfrei ist, müssen Anlagenbetreiber jährlich eine Einnahmenüberschussrechnung an das Finanzamt übermitteln. Bei der Umsatzsteuer besteht ein Wahlrecht, ob die Einspeisung mit oder – unter Anwendung der Kleinunternehmerregelung – ohne Umsatzsteuer abgerechnet werden soll. Dabei ist der umsatzsteuerpflichtige Betrieb durchaus verlockend. Schließlich winkt die Erstattung der Vorsteuer aus dem Anlagenerwerb, die oftmals mehrere tausende Euro beträgt. Die unbequeme Nebenwirkung, dass fortan die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten eingehalten werden müssen, wird dafür in Kauf genommen.

In der Praxis zeigt sich, dass die Einnahmenüberschussrechnung aufgrund der geringen Einspeisevergütung in den allermeisten Fällen zur Farce wird. Hierauf reagierte die Finanzverwaltung und stellte den Betrieb privater Photovoltaikanlagen auf Antrag einkommensteuerfrei. Sofern der Anlagenbetreiber aber auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet hatte, bestanden die umsatzsteuerlichen Deklarationspflichten fort.

Es ist offenkundig, dass das Regelungswirrwarr dem politischen Willen, private Haushalte zu Investitionen in die Energiewende zu animieren, zuwiderläuft. Aus diesem Grund wird der private Betrieb von Photovoltaikanlagen ab 2023 grundsätzlich einkommensteuerfrei gestellt – es bedarf mithin keiner Antragstellung mehr. Ferner wird für den Erwerb von Photovoltaikanlagen samt Komponenten und Energiespeicher ein Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer eingeführt. Voraussetzung ist, dass die Anlagen auf oder in der Nähe von Wohnungen oder dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden installiert werden. Somit entfällt zukünftig der Anreiz, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten, nur um sich die Vorsteuer aus dem Anlagenerwerb erstatten zu lassen. Dies gilt wohlgemerkt nicht für Betreiber, die ihre Photovoltaikanlage bis Ende 2022 mit Vorsteuerabzug angeschafft haben. Für sie gelten die umsatzsteuerlichen Deklarationspflichten fort.

Steuervereinfachung für das Homeoffice

Mit der Corona-Pandemie ist das Arbeiten von Zuhause zum Alltag geworden. Die Entwicklung kommt der klimapolitischen Zielsetzung, unnötige Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu vermeiden, entgegen. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wird die in der Praxis vielgenutzte Homeoffice-Pauschale ab 2023 unbefristet verlängert. Die Tagespauschale von 5 Euro wird dabei nicht mehr nur für 120, sondern für bis zu 200 Tage gewährt. Voraussetzung ist, dass an den jeweiligen Tagen die berufliche oder betriebliche Tätigkeit überwiegend von zuhause ausgeübt und kein Werbungskostenabzug für Fahrtkosten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte geltend gemacht wird.

Verfügt der Steuerpflichtige gar über ein häusliches Arbeitszimmer und steht ihm dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, kann er ab 2023 eine Jahrespauschale von 1.250 Euro steuermindernd ansetzen. Somit ist es zukünftig nicht mehr notwendig, die Einzelkosten nachweisbar vorzuhalten. Zu beachten ist aber, dass die Jahrespauschale bei mehreren Tätigkeiten nur einmal gewährt wird und aufzuteilen ist, wenn mehrere Steuerpflichtige dasselbe Arbeitszimmer nutzen. Es bleibt dabei, dass die tatsächlich angefallenen Kosten in voller Höhe geltend gemacht werden können, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit darstellt.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass Arbeitnehmern ohnehin der Werbungskosten-Pauschbetrag von 1.200 Euro pro Jahr zusteht. Die Kosten für das Arbeiten von Zuhause wirken sich mithin nur aus, wenn der vorgenannte Sockelbetrag überschritten wird. Bemerkenswert erscheint, dass der Steuergesetzgeber die Vorschrift anfasst ohne den seit 1996 geltenden Höchstbetrag von 2.400 DM bzw. 1.250 Euro an das stark gestiegene Kostenumfeld anzupassen.

Immobilienbesteuerung

Im Sinne einer politisch motivierten Förderung klimagerechter Neubauten wird der Abschreibungssatz für nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellte und Wohnzwecken dienende Gebäude von 2 auf 3 Prozent erhöht. Dies entspricht einer Reduktion der typisierten Gebäudenutzungsdauer von 50 auf 33 Jahre. Die Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen und setzt Anreize für private Investitionen in Neubauprojekte. Allerdings kassiert der Steuergesetzgeber im gleichen Atemzug die Möglichkeit, in begründeten Ausnahmefällen eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer nachweisen zu können. Hier hatte der Bundesfinanzhof in jüngerer Vergangenheit zugunsten der Steuerpflichtigen ausgeurteilt, dass eine kürzere als die gesetzlich unterstellte Nutzungsdauer und somit ein höherer Abschreibungssatz, vergleichsweise einfach nachgewiesen werden könne. Insoweit stellen die aufeinander abgestimmten Gesetzesänderungen aus Sicht des Fiskus eher eine Schadensbegrenzung als ein Zugeständnis an den Steuerpflichtigen dar.

Besorgniserregend ist, dass aufgrund zahlreicher Änderungen bei der steuerlichen Bewertung bebauter Grundstücke mit einer deutlichen Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu rechnen ist. Laut der Interessengemeinschaft Haus & Grund Deutschland kann die Steigerung der steuerlichen Werte leicht 20 bis 30 Prozent ausmachen.

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Der Mittelstand 06/2022